Der demografische Wandel bringt viele Herausforderungen mit sich. Eine davon ist der Fachkräftemangel. Dieser wurde während der Corona-Pandemie insbesondere in systemrelevanten Berufen deutlich. Aber der Mangel an qualifizierten Fachkräften wird in immer mehr Berufsfeldern sichtbar.

Aktuelle demografische Wirkungen auf die Erwerbstätigkeit

Dass die zunehmende Überalterung der Gesellschaft ‒ in der Schweiz und weltweit ‒ grosse Herausforderungen mit sich bringt, ist bekannt. Dies soll kurz in prägnanten Verhältnissen dargestellt werden:

Die Zahl der älteren Arbeitnehmenden verzeichnete in den letzten zehn Jahren das grösste Wachstum: bei den 55- bis 64-Jährigen beträgt es 38%. Zum Vergleich: Bei Arbeitnehmenden zwischen dem 40. und 54. Lebensjahr betrug das Wachstum gerade mal 5% (1). Die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge gehen jetzt oder in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Dadurch steigt der Druck auf jüngere Arbeitnehmende. Die Zahl der Rentnerinnen und Rentner pro Erwerbsperson steigt stark an. Was heisst das für Arbeitnehmende? Für Arbeitgebende? Für die Berufswahl?

Erkenntnisse aus der Alter(n)sforschung

Die 50-Jährigen und älteren Arbeitnehmenden machen aktuell die grösste Gruppe auf dem Arbeitsmarkt aus. Ihnen wird zugeschrieben, loyal zu sein und länger an einer Arbeitsstelle zu verbleiben als jüngere Arbeitnehmende. Sie verfügen über umfassende Kompetenzen, sind lernwillig und ihnen wird oftmals eine höhere Motivation zugeschrieben als ihren jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Eine Studie von Deloitte führt fünf Schritte auf, wie das Arbeitspotenzial von älteren Arbeitnehmenden besser ausgeschöpft werden kann und müsste:

  • «Einbinden von Arbeitnehmendenförderung, insbesondere 50plus, in der Unternehmensstrategie
  • Änderung der Unternehmenskultur durch Sensibilisierung der Führungskräfte
  • Implementieren einer entsprechenden strategischen Personalplanung
  • Anpassung der Arbeitsmodelle, Arbeitsinhalte, Arbeitsverhältnisse, Bildung von generationsübergreifenden Teams, Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit, Investitionen ins Gesundheitsmanagement
  • Dialog auf Mitarbeitendenebene»

Im derzeit grössten nationalen Forschungsprojekt zum Thema Alter(n), unter Federführung des Instituts für Altersforschung der Ostschweizer Fachhochschule, wird die Erwerbsarbeit untersucht. Ein vorausgegangenes Projekt mit Fokus «Arbeit 45+» (2) zeigt Chancen auf, wie dem sich rasant verändernden (Arbeits-)Marktumfeld begegnet werden kann. Studien zeigen, dass «[…] bis 2030 zwischen 230 000 und 500 000 Arbeitskräfte fehlen» (3) werden.

Arbeitgebende kommen somit nicht umhin, umzudenken. Sie sollten jetzt Massnahmen ergreifen, um das Potenzial der bestehenden ‒ insbesondere älteren ‒ Arbeitskräfte zu nutzen und zu fördern. Seitens Politik beschäftigen sich verschiedene Bundesstellen direkt oder indirekt umfassend mit Altersfragen (4), sei dies auf Ebene Bund, Kantone, Gemeinden.

Wie arbeiten wir in Zukunft?

Der Arbeitswelt von morgen ist somit interdisziplinär, branchenübergreifend und mit vereinten Kräften zu begegnen. Die Anspruchsgruppen, die sich diesbezüglich zu engagieren haben, sind so vielfältig und heterogen wie das Alter(n) selbst: Politik, Wirtschaft, Soziales, Gesundheitswesen, Bauwesen, Öffentlicher Verkehr und andere können einen Beitrag leisten, um der alternden Gesellschaft Perspektiven zu eröffnen und Lösungen zu ermöglichen.


Über die Autorinnen

Angelika Inge Studer und Lisa Katharina Kortmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am IAF Institut für Altersforschung an der Ostschweizer Fachhochschule. Mehr über ihre Forschung finden Sie unter age-int.ch

Quellen:

1 Indikatoren zur Situation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Schweizer Arbeitsmarkt 2021 (admin.ch)
2 AGE.NT – Work 45+ (age-netzwerk.ch)
3 Arbeitskräfte gesucht – wie die Altersgruppe 50plus den Fachkräftemangel lindern kann (Deloitte Switzerland)
4 Alterspolitik (admin.ch)