Arbeitswelt 4.0: Viel wurde dazu bereits publiziert, viel wird aktuell diskutiert, aber wohin geht der Weg in der beruflichen Welt wirklich? Automatisierung als Gespenst, Digitalisierung als Feindbild? Bald keine fixe Anstellung mehr, sondern nur noch Ad-hoc und Freelance-Jobs? Was wird wirklich, was bleibt Fiktion?

Diesen Fragen folgt die Impulstagung des KV Zürich und KV Bern am GDI heute. Hier und Jetzt. Ein paar Wegweiser auf einem unsicheren Feld für jene, die nicht an dieser wegweisenden Tagung dabeisein können. Nicht immer ganz ernst gemeint!

Wegweiser im O-Ton: Das denken die Experten an unserer Tagung

Prof. Dr. Roland Siegwart, Professor für autonome mobile Roboter ETH Zürich

«Die Roboter werden die Produktionshallen verlassen. Wir haben die Datenspeicher. Nun geht’s darum, wie Roboter mit diesen Speichern die reale Welt erobern. Die Rede ist vom Internet of Things oder Cyberphysical Systems, die kommen. Sie interagieren mit uns, mit der realen Welt.

«Die Schweiz hat eine hohe Dichte an Start-ups im Bereich Robotik. Viele grosse Firmen kommen extra zu uns, um von diesem Wissen zu profitieren. Was allerdings ein wenig fehlt, ist die Risikobereitschaft, in diese Technologie zu investieren. Und dann müssten die jungen Leute auch etwas mehr Mut beweisen, den Ball aufzunehmen und sich der Interaktion mit den Investoren zu stellen.»

«Robotik boomt, keine Frage. Arbeitsplätze werden sie uns nicht sofort wegnehmen. Sie sind Tools – wie der Personal Computer. Roboter werden uns entlasten, Arbeiten abnehmen, aber uns nicht überflüssig machen. Denn der Mensch ist nicht ersetzbar, er hat eine ganz andere Aufgabe auf dieser Welt als diese Tools.»

Präsentation Prof. Dr. Roland Siegwart

Prof. Dr. Andréa Belliger, Prorektorin Pädagogische Hochschule Luzern

«Alle spüren, dass es Veränderung und Innovation braucht. Das Übersetzen in den Geschäftsalltag jedoch, das ist Knochenarbeit. Nur schon das Einführen von Co-Working-Spaces kann da zum Stolperstein werden. Das habe ich am eigenen Leib erfahren. Da sind wir als Vorgesetzte gefordert.»

Präsentation Prof. Dr. Andréa Belliger

Dr. Stephan Sigrist, Gründer und Leiter Think Tank W.I.R.E.

 «Digitalisierung führt zwar zu mehr Effizienz, aber auch zu mehr Standardisierung. Also letztlich zu «more of the same». Das ist definitiv ein Problem für die Innovation in Unternehmen. Algorithmen werden uns nicht helfen, uns zu differenzieren.»

«Ich plädiere für die Stärkung der Werte der Aufklärung im 21. Jahrhundert. Wir brauchen eine ganzheitliche Sicht der Dinge. Und wir brauchen die Gestaltung der Zukunft mit Menschenverstand. Man muss vorwärtsschauen, aber auch kritisch bleiben. Manchmal ist die Gleichung: «Computer off, Brain on» immer noch die Beste.»

Slide Dr. Stephan Sigrist

Ohne Rolf

Handout Prof. Dr. Joachim Bauer

Digitalcheck


Fotogalerie


Best and Worst practices

IBM Watson – sang- und klanglos

Wer kann mehr – der Mensch oder der Computer? Bob Dylan lernt vom intelligenten Computer nicht wirklich singen oder texten. Aber ein Versuch war’s wert.

Da Vinci – für Chirurgen und Jobs am Laufband in der Autoindustrie

Keine zitternde Hand mehr im Operationssaal, keine fehlerhaft montierten Schrauben, keine monotonen Arbeiten mehr in den Montagehallen der Autoindustrie. Das verspricht Da Vinci. Die Automatisierung hat auch ihre Vorteile, vor allem wenn es um Präzision bei Arbeiten geht, dies sich unendlich oft wiederholen. Zum Beispiel in der Endmontage von Autos. Diese kann sehr ungesund sein. Zum Glück sind Roboter hier am Werk, sie arbeiten präziser – und erst noch 24/7.

Boston Dynamics: der Haushaltsroboter, der für uns abwäscht

So einfach ist es doch nicht: das Abwaschen. Er ist ziemlich langsam, dieser Haushaltsroboter von Boston Dynamics. Aber er nimmt uns – vielleicht in einigen Jahren und in grossem Stil – eine Arbeit ab, worüber wir nicht unglücklich sein werden, dass wir diese nicht mehr tun müssen.

Willow Garage – der die frische Wäsche faltet

Er ist langsam, macht aber die Arbeit sorgfältig. Eine Konkurrenz ist er für den Menschen noch nicht: Willow Garage, ein Roboter, der langsam lernt, Servietten zu falten.

BeachBot – ein ausgezeichneter Könner auf Sand

Der Roboter erfüllt haargenau, was der Mensch ihm zeigt – dank ETH Zürich und Disney. Der kreative Sandzeichner für Beachhotels entwirft Bilder, die von Menschenhand in dieser Exaktheit nicht hergestellt werden könnten.

AnyMal – ein kräftiger Sprung vorwärts

Der Roboter, der zum Sprung ansetzt – und dabei auf den Hund gekommen ist. Statt Sehnen hat der Roboter Federn. Und damit bleibt der Roboter elastisch, auch wenn er sich Schläge einheimst. Ein Spinoff der ETH Zürich: Der Roboter inspiziert beispielsweise komplexe Energieanlagen wie Ölplattformen, wo der Mensch bisweilen zum Sicherheitsrisiko wird.

wingtra – der neue Traum vom Fliegen

Fliegende Roboter sind ein Traum. Leider fliegen sie bislang nicht lange, die Maximalflugdauer betrug bislang rund 15 Minuten nur. Nun können Roboter wie wingtra länger in der Luft bleiben. Zum Beispiel zur Überwachung von Feldern: Sind die Pflanzen genug gedüngt, haben die Pflanzen genug Wasser? Wo hat’s Schädlinge, die herausgepflückt werden müssen?

23andme – mein Genom, weltweit zugänglich

23andme weiss alles. Es kennt mich und mein Genom. Einmal ins Röhrchen spucken für 99 USD – und meine personalisierte Webumgebung ist freigeschaltet. Welches sind meine gesundheitlichen Risiken? Wer sind meine «Verwandten»? Die Datenbank sucht weltweit nach genetischen Verwandten. Und so erfahre ich beispielweise, was uns verbindet.

AppSichern – Versicherung on-demand und auf Zeit

Ich versichere mein Auto und meinen Autoschlüssel auf Zeit – zum Beispiel für die Dauer eines Fussballspiels. Das kann eine neue Plattform. Sie kann absichern, die APP AppSichern.

Global Alliance for Genomics and Health – gesetzliche Rahmen, nirgends niedergeschrieben

Sachzwänge wie Rechtsrahmen sind zum Teil hinderlich. Parallel dazu verändert sich die Welt sehr schnell. Es entstehen ganz neue Ansätze ausserhalb der klassischen Regulationswerke. Das sind Global Frameworks – Handlungsvorgaben also, die global alle einhalten, ohne dass sie irgendwo niedergeschrieben sind. Ein Beispiel dafür ist die Global Alliance for Genomics and Global Health.

Google Wind – ein schräger Verstärker

Freie Sicht in Holland – mit frischem Wind und blauem Himmel, jeweils ab 1. April. Statt 140 Tagen Regen – dank neuer Windtechnologie aus alten Windmühlen, die alte Zöpfe wegblasen.

The Shed at Dulwich – das Fake Restaurant, ganz real

Das Beispiel der Fake Reviewer zeigt, wie man ein eigenes Restaurant – und natürlich des beste Londons – eröffnet. Und das ist die Hütte der Grossmutter. Neue Gerichte entstanden, allerdings mit ungewöhnlichen Fake-Zutaten. Das Restaurant erhielt sofort viele Sterne und Reviews. Und es war immer ausgebucht. Rasch war’s geschafft: In acht Monaten war man top-ranked. Erst dann kam die Wirklichkeit an den Tag. Alles Fake!

Hotel Jägerwirt – ein Lob auf mechanische Schlösser

Die Digitalisierung hat so ihre Tücken. Das Hotel Jägerwirt in Kärnten hat dies handfest erfahren (müssen). Es wollte modern sein und legte sich eine Digitalstrategie zu. Und natürlich gehörte dazu, dass die Zimmer nicht mehr mit klassischen Schlüsseln geschlossen oder geöffnet werden, sondern mittels Handy-Code. Und dem war auch gut so – zumindest bis es darum ging, dass die Gäste zum grossen Eröffnungsevent erscheinen. Denn plötzlich waren die Schlösser – von Hackern aktiviert – geschlossen. Und nur wer mit Bitcoins zahlte, konnte sich wieder befreien. So ging der Schuss mit dem digitalen Schloss nach hinten hinaus. Und fortan gab’s wieder klassische Schlüssel an der Rezeption, für die Gäste. Der Jägerwirt hat’s begriffen.