Geht der KV-Lehre vor lauter Digitalisierung bald der Schnauf aus? Die Mediendiskussion ist heftig.  So wichtig diese Debatte ist: Nur selten widerspiegeln die Schreckenszenarien die Realität in ihrer Komplexität. Einfache Antworten und isolierte Ursachen gibt es nicht. Ein Erklärungsversuch.

Konstante Zahlen auch 2017

Da lese ich in grossen Lettern in der NZZ am Sonntag, dass etliche Grossfirmen ihre KV-Lehrstellen für diesen Sommer nicht vollständig besetzen können. Zitiert werden mehrere Lehrstellenbeauftragte, die bisher gewohnt waren, unter den Besten auszusuchen. Stimmt das wirklich? Ich greife zum Hörer und frage bei der Grundbildung an unserer KV Zürich Business School nach. Dort laufen exakt heute und in dieser Woche die Einschreibungen für das neue Schuljahr. Und siehe da: Die Nachfrage scheint ungebrochen, sowohl im E- wie auch im M-Profil sind die Zahlen konstant. Der Branchenmix scheint gleichzeitig vielfältiger zu werden. Wer sagt’s denn?!

Nichtsdestotrotz darf uns diese Nachricht nicht kalt lassen. Denn erstens scheint es unterdessen zum guten Ton zu gehören, ein Bashing gegen das gute „alte“ KV zu betreiben. Und zweitens müssen wir, die Schulen, aber auch die Arbeitgeber, uns an den eigenen Ohren nehmen. Zu lange haben wir es für selbstverständlich gehalten, dass die Jungen unser Angebot schon sexy genug fänden. Namentlich die Banken sassen bisweilen gar hoch auf dem Ross. Auch deren (Hiobs-)Botschaft, dass Lehrabgänger nicht mehr automatisch nach der Lehre ein Jahr weiterhin beschäftigt werden, hat nicht wirklich geholfen.

KV-Lehre immer noch perfektes Sprungbrett für die Karriere

Fakt ist: Die Auswahl an Jobs wird immer grösser, die Eltern sind verunsichert, der Wunsch nach Sicherheit wächst. Wozu sollen sie ihren Kindern raten? KV oder Mediamatiker? Allrounder oder Spezialisten-Ausbildung? Wenn ich sehe, welche Anstrengungen unsere KV-Schulen unternehmen, neue zukunftsträchtige Bildungsangebote zu schaffen – sei es mit dem bilingualen KV in Englisch und neu auch in Französisch oder mit der SportAcademy, wo Lernen und Spitzensport nebeneinander Platz haben – dann blutet mein Herz. Ein KV-Abschluss ist – davon bin ich felsenfest überzeugt – immer noch ein perfektes Sprungbrett für eine mehrstufige Karriere weit über die klassischen KV-Branchen hinaus. Genau diese Branchen sind es auch, die in der Weiterbildung mit uns neue Lehrgänge entwickeln und damit die Qualifikationen der Kaufleute von morgen stetig schärfen. Das ist es, was wir mehr denn je brauchen: Branchennähe und Branchenvielfalt.