Ob im Tram auf dem Weg zur Arbeit, im Grossraumbüro oder beim Einkaufen an der Ladenkasse: Es wird wieder geschnupft, gehustet und genossen, was das Zeug hält. Nicht immer hilft eine Grippeimpfung. Doch was tun, wenn Arbeitgebende die Angestellten mit einem Bonus dafür belohnen, nie krank zu sein?

Experten propagieren schon lange: Wer krank ist, hat Büroverbot! Denn nicht nur schreitet die Genesung langsamer voran, auch verbreiten sich die Erreger im Grossraumbüro besonders flächendeckend – das kann das Unternehmen teuer zu stehen kommen. Trotzdem gibt es Unternehmen, die Angestellten, die nie krank sind, einen Bonus bezahlen. Gemäss Jörg Buckmann, HR-Experte und ehemaliger VBZ-Personalchef, gibt es auch in der Schweiz Dutzende Firmen, die ihre Angestellten fürs Nicht-Kranksein belohnen. Ist das sinnvoll?

Wer krank ist, hat Büroverbot!

Klar ist: Krankheit und Unfall von Mitarbeitenden können Team und Arbeitsabläufe erheblich belasten. Ausserdem kostet jeder Krankheitstag eine Menge Geld, weshalb die Unternehmen daran interessiert sind, dass die Kranken baldmöglichst wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren. Klar ist aber ebenso: Wer angeschlagen zur Arbeit kommt, ist weniger leistungsfähig, macht mehr Fehler und steckt womöglich noch andere an. Was also tun?

Auch der Rechtsdienst des Kaufmännischen Verbandes Zürich wird immer wieder mit Fragen rund um das betriebliche Gesundheitsmanagement konsultiert. Für das Wir Kaufleute habe ich die häufigsten beantwortet:

Bonus für «Gesunde» – was halten Sie davon?

Grundsätzlich ist von solchen Belohnungssystemen abzuraten, weil ein Bonus vom Verhalten bzw. den eigenen Leistungen der Mitarbeitenden abhängig sein sollte. Zudem werden damit jene bestraft, die das Pech haben, häufig(er) krank zu sein. Und es kann dazu führen, dass Mitarbeitende krank zur Arbeit erscheinen – was zu weiteren Ansteckungen im Betrieb führen kann. Diese Problematik verstärkt sich dann, wenn die Person das erste Mal am Ende einer Referenzperiode erkrankt, sich aber dennoch den vollen Bonus «für Gesunde“ sichern möchte.

Krank zur Arbeit oder nicht: Was empfehlen Sie Ihren Mitgliedern?

Wir raten davon ab, krank bei der Arbeit zu erscheinen. Dies verlangsamt den Genesungsprozess und führt wie erwähnt aufgrund der Ansteckungsgefahr möglicherweise zu weiteren Krankheitsfällen im Betrieb. Nur im Hinblick auf «Noteinsätze» kann ein anderes Vorgehen gerechtfertigt sein.

Arbeitnehmende sind immer wieder damit konfrontiert, dass ihre Krankheit in Zweifel gezogen wird – zeugt das nicht von übermässigem Misstrauen?

Wenn aufgrund der Anzahl Krankheitsabsenzen oder aufgrund des Verhaltens von Mitarbeitenden berechtigte Zweifel an deren Arbeitsunfähigkeit aufkommen, ist das Gespräch zu suchen. Stellt sich heraus, dass die Krankheitsabsenzen (auch) in Zusammenhang mit einer ungünstigen Arbeitsorganisation stehen, empfehlen wir, entsprechende Massnahmen zu ergreifen und allenfalls die Einführung eines Konzepts zur betrieblichen Gesundheitsförderung zu prüfen.

Was können Arbeitgebende tun, damit ihre Mitarbeitenden möglichst gar nicht erst krank werden?

Ein professionelles betriebliches Gesundheitsmanagement im Betrieb durchführen. So können Arbeitgebende zum Beispiel bei der Gesundheitsförderung Schweiz  einen Online-Test ausfüllen, der ihnen zeigt, wo sie in Bezug auf die Förderung der Gesundheit ihrer Mitarbeitenden stehen. Wichtig ist, dass das Konzept ganzheitlich angelegt ist. Äpfel an die Mitarbeitenden verteilen bringt nichts, wenn diese aufgrund der schlechten Arbeitsorganisation, der hohen Arbeitslast und des ständigen Zeitdrucks jeden Abend gestresst nach Hause gehen.

Einen weiterführenden Artikel zu Gesundheitsfragen am Arbeitsplatz, der im Wir Kaufleute 11/12 2016 erschienen ist, finden Sie hier.

Wer sich vertieft mit dem Thema auseinandersetzen will, ist bei den Seminarangeboten richtig. Zum Beispiel:
Absenzen und Arbeitsrecht – Absenzen und Arztzeugnis