Der Kaufmännische Verband Zürich hat sich im Jahr 2024 in der Berufspolitik und als Sozialpartner erfolgreich engagiert. Ein Rückblick macht deutlich: Die Sozialpartnerschaft steht heute vor Herausforderungen, sie liefert aber auch ein Gegenmodell zur laufenden gesellschaftlichen und politischen Polarisierung.

Sozialpartnerschaftliche Arbeit bleibt bedeutsam

Die verwaltungsgerichtliche Aufhebung der Verordnungen für einen existenzsichernden Mindestlohn in den Städten Zürich und Winterthur, der allen Angestellten einen existenzsichernden Mindestlohn zugesichert hätte, war enttäuschend. Bis das Bundesgericht in dieser Frage entschieden hat und allfällige Gesetzesänderungen in die Wege geleitet werden, rückt die sozialpartnerschaftliche Arbeit stärker in den Vordergrund. Denn eine gesunde, ausgeglichene Sozialpartnerschaft trägt wesentlich zum sozialen Frieden bei, indem sie einen fairen Interessensausgleich zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden fördert. Dieser soziale Frieden ist ein wichtiger Standortvorteil für die Schweiz, der unser Land für internationale Unternehmen attraktiv macht. Die Bedeutung der Sozialpartnerschaft für die Schweizer Wirtschaft ist kaum zu überschätzen.

Trotz ihrer Erfolge steht die Sozialpartnerschaft in der Schweiz vor grossen Herausforderungen. Der Mitgliederschwund macht Arbeitnehmenden- wie Arbeitgebendenverbänden zu schaffen und untergräbt die Stärke dieses Modells. Hinzu kommt die wachsende politische Polarisierung, die die traditionellen Konsensmechanismen auf die Probe stellt.

Gegenmodell zu wachsender Polarisierung

Umso dringlicher ist es, zu den zentralen Werten unserer politischen Kultur zurückzukehren: Pragmatismus, Kompromissbereitschaft und Offenheit, Lösungen jenseits ideologischer Lagergrenzen zu finden. In einer Zeit, in der populistische und autoritäre Strömungen weltweit erstarken, stellt die Sozialpartnerschaft ein gewichtiges Gegenmodell dar. Sie beweist, dass sozialer Ausgleich und wirtschaftlicher Erfolg keine Gegensätze sind. Vielmehrbedingen sie sich gegenseitig.

Ob die Sozialpartnerschaft auch in Zukunft eine tragende Rolle spielt, wird davon abhängen, ob es gelingt, mit dieser Arbeitsweise die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzugehen. Digitalisierung, Klimawandel, demografische Verschiebungen, Migration und der Anstieg prekärer Arbeitsverhältnisse verlangen nach innovativen, gerechten Lösungen. Lösungen, die diskriminierungsfrei sind und nicht nur auf gesetzgeberischen Eingriffen beruhen. Dazu bedarf es politischen Muts, einer Vision und vor allem einer entschlossenen Sozialpartnerschaft.