Sven Ruoss motiviert Unternehmen, in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zu investieren. Wir haben ihn nach dem Weg aus dem KI-Dschungel gefragt und welche Tools für Kaufleute relevant sind.

KI-Tools sind spätestens seit ChatGPT allgegenwärtig. Täglich kommen neue dazu, die nichts weniger versprechen, als die Welt besser und effizienter zu machen. Wie schätzen Sie diese Entwicklungen ein?

Wir befinden uns in einer Übergangsphase. Es wird noch etwas dauern, bis sich die besten Tools durchsetzen und wir wissen, welche fünf KI-Anwendungen wir für uns am sinnvollsten nutzen können. Zudem zeichnet es sich ab, dass wir in Zukunft ein einziges Tool für verschiedenste Anwendungen verwenden können. So lassen sich bereits jetzt mit ChatGPT neben Texten auch Bilder oder Audio generieren.

KI wird in Zukunft nicht nur Routineaufgaben, sondern auch anspruchsvolle Tätigkeiten übernehmen. Was bedeutet das für unsere Arbeit.

Es gibt das Bonmot: «KI wird uns nicht ersetzen. Aber ein Mensch, der KI nutzt, ersetzt einen Menschen, der KI nicht verwendet.» Klar ist, an KI führt kein Weg mehr vorbei. Und je schneller man es versteht, die Tools für sich zu nutzen, desto besser. Darum rate ich allen: Möglichst oft ausprobieren, testen, nutzen.

Und welche KI-Tools liefern einen Mehrwert in der täglichen Arbeit von Kaufleuten?

Ein Muss ist ChatGPT: Von Brainstorming über Mails oder Dankesreden schreiben, Texte oder Inhalte zusammenfassen, bis zur Erstellung von Konzepten ist das Tool enorm vielseitig einsetzbar. Zudem ist es sehr einfach zu bedienen. Bei den Bildgeneratoren empfehle ich Midjourney. Es eignet sich speziell für den Marketing- und Kommunikationsbereich, um eigene Bilder und Grafiken zu erstellen.

Was gibt es noch?

Auf deepl.com lassen sich ganze PDF in einer beliebigen Sprache hochladen und auf Deutsch übersetzen. Ein Zusatzservice bietet das Deepl Write, das auch textliche Verbesserungsvorschläge anbietet. In der Videogenerierung kann man über Runway ganze Videosequenzen erstellen. Sehr spannend ist Heygen. Das Tool wandelt beispielsweise eine deutsche Videoaufnahme in verschiedenste Sprachen ‒ angepasst auf die eigene Tonlage und lippensynchron. So spricht der CEO einer globalen Firma plötzlich fliessend Chinesisch, Spanisch oder Hindu.

Und schon sind wir mitten im heiklen Thema Deep Fake und Datenschutz.

So ist es. Man erkennt jetzt schon immer schwieriger, ob Bilder, Videos oder auch Texte «echt» oder
KI-generiert sind. Darum ist es zentral, transparent zu kommunizieren, wo wir in unserer Arbeit von KI unterstützt wurden. Zudem sollte sich jedes Unternehmen Gedanken machen, welche internen Informationen in KI-Tools eingegeben werden dürfen und welche nicht, damit nicht plötzlich Geschäftsgeheimnisse im Netz landen. Da gibt es noch viel zu tun.

Stickwort Weiterbildung. Steigt mit dem Aufkommen der KI die Nachfrage nach Arbeitskräften mit höherer Bildung?

Es lässt sich weltweit beobachten, dass Menschen mit guter Bildung KI am meisten nutzen und somit auch davon profitieren können. Die Bildungsschere öffnet sich damit noch weiter. Weiterbildungen sind absolut zentral, um mit dem rasanten Wandel der Arbeitswelt Schritt zu halten. Meiner Meinung nach sollten auch Unternehmen deutlich mehr in Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden investieren. Best Case? Alle machen jährlich eine kleine Weiterbildung.

Wie sieht unsere Arbeitswelt in zehn Jahren idealerweise aus?

Zweifellos werden einige Aufgaben und Prozesse komplett von Maschinen übernommen. Bei anderen wird auch weiterhin am Anfang und am Ende der Mensch stehen. Ich vergleiche das gerne mit der Aviatik: Der Autopilot fliegt das Flugzeug zwar sicher von A nach B. Doch im Cockpit sitzen noch immer Pilot:in und Co-Pilot:in, um im Notfall einzugreifen.

Über Sven Ruoss

KI Experte Sven Ruoss zum Einsatz der künstlichen Intelligenz im Geschäftsalltag.

Sven Ruoss berät Medien im Bereich Business Development und ist Studiengangsleiter CAS Digital Leadership an der Hochschule für Wirtschaft Zürich.


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