Im Reverse Mentoring wird die übliche Mentoring-Beziehung auf den Kopf gestellt: Senioren lernen von Junioren. Gleichzeitig wird der Dialog zwischen den Generationen gefördert.

Über alle Generationen, Bildungsgrade und Hierarchien hinweg ging in den letzten Monaten ein Digitalisierungsschub durch unsere Arbeitswelt. Die Vorzüge von Homeoffice oder Remote-work wurden von Menschen entdeckt, die sich diese Arbeitsweise bisher nicht vorstellen konnten. Diverse Tools wurden eingeführt und Entwicklungsschritte vorangetrieben. Vor lauter Euphorie wurde es allerdings für einige, insbesondere für Berufserfahrene, zunehmend schwieriger, technische Fragen zu stellen und Unsicherheiten anzusprechen. Reverse Mentoring könnte hier einen Beitrag leisten, den soeben eröffneten Weg fortzuführen.

Rollentausch.

Im Reverse Mentoring hilft der Junior bisherigen Fachexpertinnen, Alt lernt also von Jung. Denn die junge Generation versteht nicht nur in Sachen Technik oder Medien einiges, sondern geht damit auch unverkrampft er um. Auch bezüglich Arbeitsorganisation, Arbeitsprozesse und -strukturen bringt sie neue Ideen mit. Diese neuen Ideen gilt es dringend zu prüfen, denn sie bergen die Chance, das Unternehmen fi t für die Zukunft zu machen, um neue Herausforderungen oder Geschäft smodelle frühzeitig zu erkennen.

Da Reverse Mentoring auf den Dialog zwischen den Generationen setzt, fördert es ihn. Die Methode ermöglicht einen Wissenstransfer von Jung zu Alt, vom vermeintlichen «Laien» zum «Experten» und baut auf beiden Seiten Vorurteile ab. Die Methode fördert den Perspektivenwechsel auf beiden Seiten. Die Lebenswelten der jeweils anderen Generation werden nachvollziehbarer, weniger fremd. Das Verständnis füreinander wächst. Oft sorgt dieser Dialog zwischen Jung und Alt auch für eine Verbesserung der Unternehmenskultur. Natürlich profitieren auch die jungen Mentoren vom Reverse Mentoring: Sie erfahren Wertschätzung, verbessern ihre sozialen Kompetenzen und erweitern ihr Netzwerk. Das erhöht zugleich ihre Sichtbarkeit im Unternehmen.

Offenheit und Lernbereitschaft.

Damit es zwischen den älteren Mentees und den jungen Mentorinnen und Mentoren klappt, ist die Bereitschaft voneinander zu lernen unabdingbar. Wer sich als altgediente Expertin vom Jungspund nur ungern belehren lässt, ist für das Reverse Mentoring tendenziell ungeeignet. Darüber hinaus sollten Mentoren/Mentorinnen und Mentees unternehmensintern nicht miteinander konkurrieren oder in einem hierarchischen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Im Weiteren gelten auch beim Reverse Mentoring dieselben Voraussetzungen wie beim klassischen Mentoring: Um gegenseitiges Vertrauen wachsen zu lassen, ist Sympathie eine wichtige Voraussetzung. Mentoring lebt ausserdem von Ehrlichkeit und gelebter gegenseitiger Wertschätzung. Das schliesst Kritik nicht aus. Für den Mentee heisst das: Nach Rat fragen, aber auch off en sein für ehrliche Kritik. Auch die Frequenz der Mentoring-Treff en sollte vorab geklärt werden: wann, wie oft und unter welchen Bedingungen sich beide treffen. Je regelmässiger die Treffen, desto fruchtbarer und vertrauensvoller wird das Verhältnis.