Gigwork, Crowdwork, Work on demand und Plattformökonomie — diese Begriffe stehen für modernes, (hoch)flexibles Arbeiten. Sowohl bei klassischen wie auch bei modernen flexiblen Arbeitsformen sollte die Flexibilität vertraglich definiert sein. Zudem können Massnahmen zur sozialen Absicherung der Arbeitsuchenden ergriffen werden.

Absicherung bei Plattformarbeit

Mit der Digitalisierung sind zu den klassischen flexiblen Arbeitsformen wie Teilzeitarbeit, Stundenlohnarbeit, Arbeit auf Abruf, Temporärarbeit, Home Office usw. neue, noch flexiblere Arbeitsformen hinzugekommen: Eine davon ist die Plattformarbeit. Schätzungen zufolge sind weltweit bereits über 30 Millionen Menschen bei den elf grössten Plattformen registriert.

Im Kern geht es bei den neuen Arbeitsformen darum, dass Arbeitsuchende und Arbeitanbietende digital via Internetplattform oder Mobile App für einen Leistungsaustausch (sog. Gig) zusammenfinden. Dabei können Umfang wie auch Art des Einsatzes sehr unterschiedlich sein: Kurzeinsatz für ein paar Stunden, Einsatz über mehrere Tage oder Wochen, Erledigung physischer Aufgaben (z.B. Einsätze im Gastro-/Eventbereich) oder Erledigung rein digitaler Aufgaben.

Vor- und Nachteile von Plattformarbeit

Plattformarbeit bietet Arbeitsuchenden unter anderem den Vorteil, dass sie die vereinbarte Aufgabe oft zeitlich und örtlich flexibel ausführen können. Gerade die örtliche Flexibilität kennt dabei keine (Landes-)Grenzen. So ist es für einen in der Schweiz ansässigen Arbeitsuchenden ohne Weiteres möglich, eine digitale Aufgabe auszuführen, die z.B. ein australisches Unternehmen über eine amerikanische Internetplattform anbietet. Daneben ist Plattformarbeit vielfach niederschwellig, was den Marktzutritt für Arbeitsuchende und damit deren
Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben im Grundsatz erleichtert.

Ein Nachteil der Plattformökonomie zeigt sich hingegen darin, dass Arbeitsuchende von Plattformbetreibern und teilweise auch von den Arbeitanbietenden in der Tendenz als «sich selbstvermarktende Solounternehmer» wahrgenommen werden, die immer nur dann eingesetzt werden sollen, wenn gerade Bedarf besteht. Dadurch steigt die Gefahr, dass Risiken, die beim herkömmlichen, unbefristeten Normalarbeitsverhältnis die Arbeitgeber tragen, auf die Arbeitsuchenden überwälzt werden. Bei sehr kurzen Einsätzen äussert sich dieses Risiko darin, dass einzelne arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen aufgrund der kurzen Dauer nicht greifen (z.B. kein Anspruch auf Lohnfortzahlung in den ersten drei Monaten). Noch höher ist das Risiko bei einem Einsatz, der nicht im Rahmen des Arbeitsrechts, sondern im Rahmen eines Auftrags- oder Werkvertragsverhältnisses abgewickelt und von der Ausgleichskasse als selbstständige Tätigkeit eingestuft wird. Hier trägt der Arbeitsuchende sämtliche Risiken und Nachteile selber (kein Kündigungsschutz und keine Anwendung von Sperrfristen, kein Anspruch auf Lohnfortzahlung und Ferien lohn; keine Arbeitslosenversicherung; eigenständige Finanzierung der AHV, Pensionskasse, Unfallversicherung usw.). Die Abgrenzung ist nicht immer einfach. Ein Auftragsverhältnis liegt typischerweise dann vor, wenn keine Subordination des Arbeitssuchenden in den Betrieb des Arbeitanbietenden stattfindet.

Solche Auftragsverhältnisse können in der Praxis durchaus vorkommen, wie das Geschäftsmodell des Transportunternehmens UBER zeigt. Auch bei anderen Plattformen finden sich entsprechende Hinweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. So z.B. bei der Vermittlungsplattform «Gigme», die ausdrücklich darauf hinweist, dass die über die Webseite abgeschlossenen Verträge auch andere Vertragstypen als Arbeitsverträge, wie z.B. Aufträge oder Werkverträge, darstellen können.

Massnahmen zur besseren Absicherung

Arbeitsrechtliches Austauschverhältnis

Arbeitanbietende können einen wichtigen Beitrag zur sozialen Absicherung von Arbeitsuchenden leisten, indem sie mit ihnen für den jeweiligen Einsatz einen Arbeitsvertrag abschliessen. Dies vor allem auch dann, wenn es sich nur um eine kleine Aufgabe oder nur um einen einmaligen (und kurzen) Einsatz handelt. Damit gelangen die oben erwähnten arbeitsrechtlichen (Schutz-)Bestimmungen im Grundsatz zur Anwendung, was bei einem Auftrags- oder Werkvertragsverhältnis nicht der Fall wäre. Typischerweise werden Arbeitsverhältnisse von der Ausgleichskasse als unselbstständige Tätigkeit eingestuft, womit auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht eine Absicherung gewährleistet ist.

Freiwillige Leistung von Beiträgen

Die Ausgleichskasse hat bei jedem Einsatz separat zu prüfen, ob der Arbeitsuchende als selbstständig oder unselbstständigerwerbend einzustufen ist. Ist Letzteres der Fall, müssen Arbeitsuchende z.B. die Beiträge an die AHV vollumfänglich selber entrichten. In solchen Fällen können sich Arbeitanbietende bereit erklären, im Sinne eines freiwilligen Lohnzuschlags einen Beitrag an die Kosten der AHV des Arbeitssuchenden zu leisten. Vorstellbar ist auch, dass Arbeitanbietende eine freiwillige Zahlung auf ein Ferienkonto des Arbeitsuchenden vornehmen, damit der Arbeitsuchende auch in (unfreiwilligen) Erwerbspausen eine gewisse finanzielle Absicherung erreicht.

Pflichten der Plattformbetreiber

Plattformbetreiber selber müssen bei jedem über ihre Plattform zustande gekommenen Austauschverhältnis prüfen, ob eine bewilligungspflichtige Personalvermittlung vorliegt, was gerade bei grenzübergreifenden Austauschbeziehungen nicht immer einfach ist.

Massnahmen bei klassischen flexiblen Arbeitsverhältnissen

Home Office

Gemäss einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte aus dem Jahre 2016 arbeiteten in der Schweiz 28 Prozent der Erwerbstätigen mindestens einen halben Tag pro Woche von zu Hause aus. Home Office ist beliebt, weil für Arbeitnehmer der Arbeitsweg entfällt und dadurch eine höhere zeitliche Verfügbarkeit für private Aufgaben wie z.B. Einkäufe, Freizeitaktivitäten, Hobbies, Kinder- und Elternbetreuung (Sandwich-Arbeitnehmer) entsteht.

Ohne festgelegte Regeln steht es den Arbeitnehmern im Prinzip offen, zu welchem Zeitpunkt sie im Home Office ihre geschäftlichen und privaten Aufgaben erledigen. Die Erwartungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an die Erreichbarkeit im Home Office sollten daher von Beginn weg geklärt und die vereinbarte Regelung anschliessend schriftlich festgehalten werden (z.B. ob der Arbeitnehmer durchgehend, zu fixen Zeitfenstern, nur am Vormittag oder zwei Stunden je am Vor- und Nachmittag erreichbar sein muss). Auch beim Home Office obliegt es den Arbeitgebern, dafür zu sorgen, dass die Minimalanforderungen des öffentlichen Arbeitsrechts (Arbeitsgesetz und dessen Verordnungen) in Bezug auf die Gestaltung des Arbeitsplatzes beim Arbeitnehmer zu Hause eingehalten werden. Dies betrifft vor allem ergonomische Anforderungen an den Arbeitsplatz sowie Anforderungen an Luftqualität und Lichtverhältnisse.

§ Art. 2 i. V. m. Art 15 ff. und Art. 23 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz statuieren Vorschriften betreffend Beleuchtung, Raumklima und Lärm sowie ergonomische Anforderungen an den Arbeitsplatz.

Klassische Teilzeitarbeit

Teilzeitarbeit ist eine der am weitesten verbreiteten flexiblen Arbeitsformen. Gemäss Zahlen des Bundesamtes für Statistik aus dem Jahre 2017 arbeiteten 59 Prozent der Frauen und 19 Prozent der Männer in Teilzeit (Beschäftigungsgrad von weniger als 90 Prozent).

Teilzeitarbeitnehmer sind ab einem Jahreslohn von CHF 21’330.00 (sog. Eintrittsschwelle) gemäss BVG obligatorisch versichert. Darunterliegende Löhne können von Arbeitgebern freiwillig versichert werden, sofern die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung dies vorsehen. Personen, die für mehrere Arbeitgeber tätig sind und den Mindestlohn von CHF 21’330.00 gesamthaft erreichen, können sich freiwillig versichern lassen – entweder bei der Vorsorgeeinrichtung eines aktuellen Arbeitgebers oder – wenn dies nicht möglich ist – bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG.

Auch die Handhabung von Feiertagen führt bei Teilzeitarbeit immer wieder zu Diskussionen, insbesondere in Situationen, in denen der freie Tag auf einen gesetzlichen Feiertag fällt. Ungleichbehandlungen von Teilzeitarbeitnehmern können vermieden werden, indem die Jahressollarbeitszeit (in der die Feiertage bereits berücksichtigt sind) für ein 100-Prozent-Pensum auf das jeweilige Teilzeitpensum heruntergerechnet und die Gesamtstundenanzahl anschliessend in der Zeiterfassung (möglichst gleichmässig) auf die einzelnen Monate im Jahr verteilt wird.

Fazit

Klassische und moderne flexible Arbeitsformen bieten Arbeitsuchenden und Arbeitanbietenden viele Vorteile. Die Flexibilität sollte jedoch geregelt und allfällige negative soziale Konsequenzen sollten mittels geeigneter Massnahmen aufgefangen werden.


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