Zwei von drei Jugendlichen entscheiden sich nach der obligatorischen Schulzeit für eine Lehre. Das mit gutem Grund: Die berufliche Grundbildung ermöglicht den Einstieg in den Arbeitsmarkt und bietet vielfältige Karriereperspektiven. Die Tatsache, dass die Schweiz eine der tiefsten Jugendarbeitslosigkeitsquoten hat, spricht für die duale Berufsbildung und bleibt im Ausland nicht unbemerkt. 

Die Berufslehre als Vorbild für das Ausland

Es ist schon ein wenig paradox: Da geben sich Staatschefs die Tür in die Hand, da reisen Bildungsverantwortliche aus aller Welt in die Schweiz. Und alle wollen sie unsere duale Bildung – dieses fast einmalige System von Berufslehre, also schulisches Lernen und Arbeiten auf dem künftigen Beruf – kennenlernen. Am liebsten würden die ausländischen Gäste es auch gleich kopieren. Aber das bewährte helvetische Prinzip des Schulterschlusses von Wirtschaft und Schule, von Arbeitgeber und Lernenden, das lässt sich nicht so einfach übertragen. Aber dessen Effekte sind bestechend: eine enorme Praxisnähe, vom ersten Moment an, eine geringe Abbruchrate während der Lehre, beinahe Vollbeschäftigung für jene, die die Lehre abgeschlossen haben. Wo andere Länder mit der gefährlichen Jugendarbeitslosigkeit und kollektiver Demotivation in jungen Berufsjahren schon leben (müssen), sind wir Schweizer fein raus.

Auslaufmodell Berufslehre?

Und jetzt kommt ausgerechnet der Bund – und auch viele kantonale Vertreter – und verkünden in ihrem Bildungsbericht, dass die Berufslehre ein Auslaufmodell sei. Bis im Jahre 2045 müssten junge Berufsleute mindestens ein Studium an einer Fachhochschule oder einer höheren Fachschule abgeschlossen haben. 60 Prozent seien dann – so die Prognosen, die bekanntlich so tragfähig wie jede Zukunftsvorhersage sind – Akademiker. Das mag vielleicht sogar stimmen. Nur müssen wir dann definieren, was der künftige akademische Weg ist. Und was die Wirtschaft, die angeblich nach mehr Akademikern ruft, darunter versteht. Ich denke, wir sind hier einem Phantom aufgesessen. Oder haben wohl den Bericht nicht ganz genau gelesen: Denn was heisst diese Perspektive im Kern? Sie bedeutet nichts anderes, als dass die uralte und heute schon kaum mehr praktikable Haltung, «ich mache jetzt mal eine Lehre und habe meinen Job fürs Leben», ausgedient hat. Schon jetzt kann und will sich das niemand mehr leisten. Lebenslanges Lernen, Passstellen, Zusatzstudien sind state-of-the-art, hier und jetzt. An unserer Schule, notabene die grösste Berufsfachschule der Schweiz, kann dies hautnah verfolgen. Eine grundsolide, moderne KV-Ausbildung als Sprungbrett (notabene auch zweisprachig deutsch-englisch durchgängig möglich) und dann eine weit verzweigte Bildungswelt im Bereich Weiterbildung, das bieten wir schon heute. Und nicht aus Selbstzweck, sondern aus Notwendigkeit.

Lang lebe die Berufsausbildung

Der Kaufmännische Verband Zürich ist seit seiner Gründung vor über 155 Jahren immer am Puls der Wirtschaft. Unsere Lehrgänge sind auf deren Bedürfnisse abgestimmt. Und deshalb passen sie, den Lernenden wie auch den Firmen, die übrigens auch immer häufiger eigene Ausbildungen bei uns als bewährtem Bildungspartner einkaufen. Also alles paletti, könnte man sagen. Wir sind auf dem richtigen Weg, davon bin ich überzeugt. Wir sind aber nicht auf einer blinden Mission „Akademisierung“ unterwegs, sondern wir verstehen den Begriff Akademie wörtlich, im Sinne Platons nämlich. Dessen Schule übte das Hinterfragen, den steten Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden, den Austausch zwischen Theorie und Praxis. Und so – mit Verlaub gesagt – mutet der Bildungsbericht, der nun den «Tod der klassischen Berufsausbildung“ verkündet (oder medial zumindest so verbreitet wird) – eher als theoretische Übung, denn als praktischer und praxisnaher Beitrag zur Weiterentwicklung unserer Bildungslandschaft an. Wir haben andere Fragen und Herausforderungen zu lösen. Stichwort ‘Digitale Transformation’, Stichwort „Selfmanagement“ und „Workload“ in einer industriellen Revolution 4.0, die uns allen viel zumutet. Konzentrieren wir uns also auf das Wesentliche – und vergessen Papiertiger.


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