Wie sehen die Perspektiven für die KV-Lehre im Zuge von Digitalisierung und Automatisierung aus? Sechs Antworten von Dr. Niklaus Schatzmann, dem neuen Vorsteher des Mittelschul- und Berufsbildungsamts (MBA).

Wie bleibt das KV weiterhin „die Lehre“?

Es gibt zwar Prophezeiungen, in der kaufmännischen Branche werde die Automatisierung die Menschen bald ersetzen. Schaut man aber auf die vielen Nach- und Zusatzqualifizierungsmöglichkeiten, die ein KV bietet, ist wohl keine Branche so gut vorbereitet.

Welche Anpassungen braucht es in der Grundbildung?

Die Wirtschaft braucht vermehrt Mitarbeitende, die vernetzt denken, die noch bessere Fremdsprachenkenntnisse haben, die leistungswillig und selbstorganisiert sind. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass leistungsschwächere Schüler nicht durch die Maschen des bestehenden Systems fallen.

Wie stellen wir das sicher?

Wir bilden aktuell eine Gruppe, die sich damit befasst, wie der Übergang in die Lehre mit spezifischen Förderangeboten unterstützt werden kann. Beim KV ist denkbar, dass Lernende auf tieferem Niveau künftig speziell begleitet werden – beispielsweise mit einem zentralen Verbundsupport. Die Betriebe würden diese Lernenden erst dann übernehmen, wenn sie nach einer gewissen Einführungszeit bereit sind, die gestellten Anforderungen zu erfüllen.

Die Ausbildung und Begleitung von Lernenden ist anspruchsvoll. Wie holt man die Unternehmen ins Boot?

Mit Fakten: 80 Prozent der Lernenden rechnen sich nämlich schon während der Lehre für den Betrieb, spätestens aber, wenn man sie noch ein Jahr weiterbeschäftigt. Verbundlösungen, bei denen das erste Jahr der Lehre rein schulisch bleibt, könnten eine Lösung für KMU bieten, die weniger Kapazität für die Betreuung haben.

Was spricht auch heute noch für eine Berufsbildung statt für eine Matura?

Dieses System ist quasi die letzte grosse Klammer in unserer Gesellschaft. Länder, in denen das nicht (mehr) funktioniert, kämpfen mit gröberen Problemen. Nicht ohne Grund attestiert die OSZE, dass die Schweiz die Integration von Ausländern am besten bewältigt. Der Effekt auf den sozialen Frieden ist nicht zu unterschätzen. Deshalb ist die Berufsbildung so wichtig.

Gekürzter Auszug aus einem Interview von Rolf Butz mit Niklaus Schatzmann, nachzulesen im Jahresbericht 2017 des Kaufmännischen Verbandes Zürich sowie in WK 7/8 (Mitte Juli)