In den Medien war kürzlich zu lesen, dass Mitarbeitergespräche anhand eines standardisierten Fragebogens überholt seien. Weshalb jedoch auf das schriftliche Einzelfeedback und den standardisierte Fragebogen nicht verzichtet werden kann, erfahren Sie hier.

Wie im Tages-Anzeiger vom 5. März 2017 zu lesen war, ist Armin Trost, Professor für Personalmanagement an der Hochschule im süddeutschen Furtwangen der Auffassung, dass Mitarbeitergespräche anhand eines standardisierten Fragebogens grundsätzlich überholt seien. Zudem würden Ziele heute viel mehr an Teams ausgerichtet, was bedeute, dass auch Feedbacks eher innerhalb der Teams stattfinden würden.

Individuelle, schriftlich festgehaltene Mitarbeitergespräche sind wichtig

Matthias Mölleney, Mitinhaber einer Beratungsfirma für Personalmanagement, ist der Ansicht, dass viele Arbeitnehmende gerne häufiger direkt Feedbacks erhalten würden, nachdem sie eine Aufgabe erledigt hätten. Das trifft sicherlich zu, gerade in einer Arbeitswelt, die immer schnellerem Wandel unterworfen ist. Insbesondere bei Arbeitnehmenden, die ihre Aufgaben gut erledigen und vom Vorgesetzten dafür gelobt werden, wird sich dieses, in kürzeren Abständen kundgetane positive Leistungsfeedback motivierend auswirken. Eine solche Firmenkultur, bei der Arbeitnehmende von der vorgesetzten Person direkt nach der Erledigung einer Aufgabe ein Feedback erhalten, ist daher begrüssenswert. Kommt es bei der Erstellung eines Zwischen- oder Schlusszeugnisses jedoch zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitnehmenden und Vorgesetzten, so sind solche mündlich erteilten ad hoc Feedbacks kaum verwertbar. Nur ein schriftlich festgehaltenes Individualfeedback bzw. Mitarbeitergespräch schafft Klarheit darüber, wie die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers beurteilt wurden.

Vorteil eines standardisierten Fragebogens

Auch wenn standardisierte Fragebogen eher altmodisch und überholt wirken mögen, sie bringen grosse Vorteile mit sich. Gerade dann, wenn sie über mehrerer Jahre konsequent angewendet werden und darin die spezifischen Leistungs- und Verhaltenseigenschaften der Arbeitnehmenden beurteilt werden. Ist dies der Fall, so muss nachher nicht darüber gestritten werden, ob der Arbeitnehmer «selbständig und effizient gearbeitet hat», «überaus belastbar und flexibel war», «sich Neuerungen gegenüber stets sehr offen gezeigt hat“ und „sich sein Verhalten jederzeit von Höflichkeit, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit geprägt war».

Arbeitszeugnis für das Team?

Heute wird zunehmend interdisziplinär gearbeitet und Aufgaben immer öfters in Teams gelöst. Es macht daher durchaus Sinn, wenn Feedbacks innerhalb des Teams oder bezogen auf ein Projekt erteilt werden. Am Ende des Arbeitsverhältnisses ist jedoch ein Individual- und nicht ein Teamarbeitszeugnis auszustellen. Arbeitnehmende bewerben sich bei Arbeitgebenden im Normalfall – ausser beim Jobsharing – als Einzelperson auf eine Stelle, und nicht als Team. Das heisst, wenn Feedbacks ad hoc, mündlich, innerhalb des Teams erteilt werden, ist dies zwar begrüssenswert und es kann das schriftlich festgehaltene individuelle Mitarbeitergespräch auch sinnvoll ergänzen, nicht aber ersetzen.

Es ist also zu empfehlen, neben regelmässig erteilten mündlichen ad hoc (Team)Feedbacks konsequent eine schriftlich festzuhaltende jährliche oder halbjährliche Individualbeurteilung durchzuführen. Wird dazu ein standardisierter Fragebogen verwendet, hat dies den Vorteil, dass daraus (bei entsprechender Ausgestaltung)  klar hervorgeht, welche Leistungs- und Verhaltenseigenschaften dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugeschrieben und wie diese beurteilt wurden. Denn im Streitfall ist es am Arbeitnehmer zu beweisen, wie gut seine Leistung tatsächlich war.

Bei arbeitsrechtlichen Fragen steht Ihnen als Mitglied die Rechtsberatung des Kaufmännischen Verbandes Zürich unentgeltlich zur Verfügung.

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