Oftmals finden wir uns samstags, fünf Uhr morgens im McDonald’s, mit einer geballten Ladung Kohlenhydrate auf dem Tische vor uns wieder. Wir nennen dies gerne: Die Katerprävention.
Obwohl uns die am Montag anstehende Wirtschaftsprüfung – zumindest unterbewusst – Sorgen bereitet, wird am Tisch in erster Linie der Ausgang thematisiert, bis der nächste Zug heimwärts geht. Vielen kommt diese Situation wahrscheinlich bekannt vor, denn sie verbindet uns auf eine Art. Genauso verbindet uns die Frage nach uns selbst. Wer bin ich? Was macht mich aus?
Im Alter von sechzehn – so schien es mir – wusste ich alles. Ich habe mir klare Vorstellungen von meiner Zukunft gemacht und hätte ohne Weiteres jedem eine PowerPoint-Präsentation darüber halten können. Meiner Lebensziele war ich mir stets schon sicher und war bereit den nächsten Meilenstein anzutreten – die Berufslehre. Teamfähig, motiviert und zielorientiert. All dies trifft – zumindest in irgendeinem Sinne – auf mich zu. Ich habe mich an diese Adjektive gehängt, mich mit ihnen identifiziert und damit mich wiederum in die komplizierte, gigantische Welt der Berufswahl gestürzt. Kauf..frau.. EFZ? AHA! Dieser Beruf war mir zwar bis anhin nur unter der Bezeichnung «KV» bekannt, aber ich habe gehört dies sei eine gute Grundbildung. So why don’t google it?
Fett, gross und kursiv fiel mir der Titel: Die Anforderungen ins Auge. Teamfähigkeit, Kontaktfreudigkeit, Selbständigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Organisationstalent, Diplomatie, Fantasie- und Vorstellungsvermögen, gute sprachliche Ausdrucksfähigkeit, Fremdsprachen.
Das muss es sein. Meine Wahl war getroffen und ich begann zu suchen und zu suchen, um letztendlich zu finden, woran ich nun bin. Mir wurde jedoch schnell bewusst, dass die Berufslehre nicht die einzige Herausforderung meiner Jugendzeit ist. Unsere Umwelt verändert sich stetig. Wir werden nicht nur mit unseren eigenen Anforderungen und Zielen, sondern auch mit alltäglichen, gesellschaftlichen Anforderungen konfrontiert. Freunde, die man einst noch gerne als «BFF’s» bezeichnete, schlagen andere Wege ein. Trends, an welche man sich letztendlich doch noch gewöhnt hat, sind plötzlich von keiner Relevanz mehr und die Bravo-Hits sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Und wie sich die ganze Welt um uns zu verändern scheint, so verändern wir uns mit ihr. Wir erleben eine Metamorphose. Wir schaffen uns unsere eigene Identität.
Die Suche nach uns selbst gestaltet sich jedoch nicht immer ganz einfach. Die Gesellschaft, in der wir leben kann in uns ein Gefühl des Drucks und der Infragestellung auslösen, indem sie mithilfe von Oberflächlichkeit ein Idealbild schafft. Über die hitzigsten, von Stars wie Kylie Jenner gesetzten Modetrends oder das neuste iPhone mit weiteren gut gemeinten, jedoch doch nicht so nötigen Features werden wir in Sekundenschnelle von unseren News-Apps, Social Media oder über das Fernsehen informiert und viele zögern nicht damit diese Trends umzusetzen, sich von der grauen Masse abzuheben, indem sie wiederum eine neue schaffen. Wer dies nicht tut, ist nicht Teil des Spiels und wird ausgeblendet, was drastische Folgen wie Minderwertigkeitsgefühle nach sich ziehen kann. Die Jugend ist die Zeit des Probierens, des Experimentierens, des Auf-die-Schnauze-Fallens bis es passt. All dies ist Teil unserer Entwicklungsaufgabe, nämlich die Bildung eines eigenen Weltbildes und eigener Interessen. Bis man stolz von sich behaupten kann sich gefunden zu haben und von Umwelteinflüssen wie Social Media nicht mehr gesteuert wird. So sollte man zu der Musik tanzen, welche das eigene Herz begehrt. Die Schuhe tragen, in welchen man laufen will und die Menschen lieben, bei welchen man sich selbst sein kann. Die Verkörperung seiner eigenen Philosophie zu werden ist meine Vorstellung der Selbstfindung. Welche ist deine?
Celine Lerchmüller ist Redaktionsmitglied des «Escherwyss». Das Magazin «Escherwyss» wird von einer Redaktion aus KV-Lernenden der KV Zürich Business School selbstständig herausgegeben.
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