Anne Zenhäusern ist Co-Geschäftsführerin beim Modehaus Bernheim. Wir sprechen mit ihr über Lohnunterschiede, gelebte Gleichstellung, Frauen in Führungspositionen und den Nutzen von Quoten.

Wie kann das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen überwunden werden?

Männer und Frauen sollten einander entgegenkommen. Männer könnten auf einen Teil ihres Lohns zugunsten der Frauen verzichten, um die Lohnangleichung zu beschleunigen. Eine steigende Anzahl von Frauen in Führungspositionen könnte diesen Prozess unterstützen.

Ihr Modehaus beschäftigt viele Frauen, vor allem in Teilzeit. Wie begegnen Sie den niedrigeren Löhnen im Detailhandel?

Wir sind sehr bestrebt, im Branchenvergleich angemessene Löhne zu zahlen ‒ das ist mir wirklich ein Anliegen. Aber es geht nicht nur um die aktuellen Löhne, sondern auch um die Altersvorsorge. Zusätzlich verzichten wir auf Eintrittsschwellen und Koordinationsabzüge in der zweiten Säule. Dies sichert die Altersvorsorge der Teilzeitarbeitenden.

Noch immer besetzen deutlich weniger Frauen als Männer Positionen in Geschäftsleitungen. Wieso?

Es ist eine Tatsache, dass Frauen nach wie vor eher zugunsten einer Familie auf ihre Karriere verzichten. Dieses Rollenbild ist immer noch stark verankert. Gleichzeitig erlebe ich Frauen viel selbstkritischer. Sie halten sich eher zurück, wenn sie sich nicht zu hundert Prozent qualifiziert fühlen, wohingegen Männer es sich eher zutrauen, den nächsten Karriereschritt zu tätigen.

Welche Lösungsansätze sehen Sie hier?

Ich bin gegen eine Frauenquote, da eine Quote nicht an den eigentlichen Ursachen für die immer noch geringe Anzahl Frauen ansetzt. Natürlich muss die Qualifikation stimmen und je nach Teamzusammensetzung muss man analysieren, wer passt. Frauen sollten nicht den gleichen Führungsstil wie Männer annehmen müssen. Es braucht Verständnis für unterschiedliche Herangehensweisen. Männer sollten aktiver zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen.

Was können Frauen tun, um tatsächlich Veränderungen herbeizuführen?

Frauen müssen hartnäckig ihre Position vertreten und Forderungen stellen. Mutiges Auftreten ist wichtig, um gehört zu werden und Gleichberechtigung zu erreichen.

Welche Rolle können die Männer dabei spielen?

Männer müssen ihre Haltung überdenken und sich aktiv für Gleichstellung einsetzen. Teilzeitoptionen für Männer könnten mehr Gleichgewicht schaffen.

Wie finden Frauen den richtigen Weg in Führungspositionen?

Frauen sollten ihren eigenen Stil beibehalten, anstatt Männer zu kopieren. Kooperation und Überzeugungskraft sind wertvolle Eigenschaften. Es ist wichtig, unpopuläre Entscheidungen zu treffen und die eigene Linie zu halten.

Frauen in Führungspositionen – eine Gratwanderung: Sind sie zu lieb, werden sie nicht ernst genommen, sind sie zu autoritär, gelten sie als Emanze. Wie findet frau den Mittelweg?

Wir sollten so bleiben, wie wir sind und auf keinen Fall versuchen, die Männer zu kopieren. Frauen leben Führung anders. Wir sind kooperativer und wollen überzeugen, anstatt uns mit einer «Ellbogen-Mentalität» durchzusetzen. Auch dieser Weg führt zum Ziel. Natürlich muss frau auch unpopuläre Entscheidungen treffen und konsequent ihre Linie halten. Deshalb müssen wir lernen, nicht alles persönlich zu nehmen und nicht überall hinzuhören. Kurz: Es braucht empathische, kommunikationsstarke Emanzen ‒ im besten Sinne des Wortes.