Mit dem Arbeitsverhältnis sind verschiedene Sozialversicherungen verbunden, die den abstrakten Begriff «Solidarität» gut fassbar machen. AHV, IV, Arbeitslosenversicherung, Unfallversicherung, Krankentaggeldversicherung sind uns allen vertraut. Sie sind von zentraler Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und beruhen auf der Bereitschaft aller Versicherten, Prämienzahlungen zu leisten, um finanzielle Ersatzleistungen wie Taggelder oder Renten für die Wechselfälle des Lebens zu sichern .

14 Wochen Urlaub zur Betreuung schwer erkrankter oder verunfallter Kinder

Bei Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit oder im Pensionsalter erhalten wir wirtschaftliche Unterstützung. Diese finanzielle Existenzsicherung ist Berufsverbänden, Gewerkschaften und aufgeschlossenen Arbeitgebern als wichtige Errungenschaft zu verdanken. Die Kultur der solidarischen Unterstützung wird mit dem seit 1. Juli 2021 geltenden Anspruch auf einen 14-wöchigen Urlaub für die Betreuung von schwer kranken oder verunfallten Kindern gezielt und massvoll weitergeführt. Dies kommt jährlich ungefähr 4500 Familien zugute.

Neuer Anspruch

Wenn ein Kind durch Krankheit oder Unfall in seiner Gesundheit stark beeinträchtigt ist, befinden sich berufstätige Eltern in einer sehr schwierigen Situation. Dank dem neuen Betreuungsurlaub gibt es in zweierlei Hinsicht eine gewisse Entlastung. So haben Eltern in einer solchen Situation gemäss Obligationenrecht (Art. 329i OR) Anspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht während einer beschränkten Zeit. Für diese Betreuungszeit besteht zudem ein Anspruch auf Lohnersatz nach Erwerbsersatzgesetz (Art. 16n–16s EOG). Anspruchsberechtigt sind Eltern eines minderjährigen, gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes. Voraussetzung ist, dass mindestens ein Elternteil die Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmender oder Selbstständigerwerbende für die Betreuung des Kindes unterbricht. Ein Kind gilt als gesundheitlich schwer beeinträchtigt, wenn eine einschneidende Veränderung seines körperlichen oder psychischen Zustandes eingetreten ist. Der Verlauf oder der Ausgang dieser Veränderung ist schwer vorhersehbar. In der Regel ist dabei eine stationäre oder ambulante ärztliche Behandlung des Kindes über mehrere Monate nötig. Ein Arm- oder Beinbruch zählt nicht dazu, obschon dieser häufig einen Spitalaufenthalt und regelmässige Arztbesuche erfordert.

Dauer des Betreuungsurlaubs

Anspruch auf Betreuungsurlaub besteht, solange ein Kind wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigt ist, höchstens aber während 14 Wochen (Art. 329i OR). Der Betreuungsurlaub ist während einer Rahmenfrist von 18 Monaten zu beziehen. Sind beide Eltern berufstätig, so haben beide Anspruch auf einen Betreuungsurlaub von höchstens sieben Wochen. Sie können eine abweichende Aufteilung des Urlaubs wählen, der am Stück oder tageweise bezogen werden kann.

Taggeldanspruch

Während des Betreuungsurlaubs wird ein Taggeld ausgerichtet. Es besteht Anspruch auf höchstens 98 Taggelder. Das Taggeld beträgt 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, höchstens jedoch 196 Franken pro Tag (Art. 16n–16s EOG).

Kündigungsschutz

Der Kündigungsschutz gemäss Obligationenrecht wurde unter Einbezug des Betreuungsurlaubs erweitert.


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