Eine Entlassung gehört wohl zu den schwierigsten Erfahrungen im Laufe des Berufslebens und ist für Menschen in jedem Alter eine Herausforderung. Oft kommen existentielle Sorgen hinzu. Sowohl bei der Arbeitslosenversicherung als auch in der beruflichen Vorsorge gibt es einige Regelungen, die der Situation von älteren Arbeitnehmenden Rechnung tragen.

Die Situation

Hans Müller, 59 Jahre, seit über 15 Jahren im selben Betrieb angestellt, fürchtet aus wirtschaftlichen Gründen die Entlassung.

Er wendet sich mit seinen Fragen an den Rechtsdienst.

Frage #1: Kann mein Arbeitgeber mir überhaupt kündigen?

Grundsätzlich ja. Kündigungen sind in der Regel zulässig, sofern die vertraglichen (z.B. Kündigungsfristen) und die gesetzlichen Bestimmungen (z.B. Sperrfristen im Krankheitsfall) eingehalten werden. Angesichts des langjährigen Arbeitsverhältnisses ist Ihr Arbeitgeber möglicherweise zu gewissen freiwilligen Leistungen bereit. Fragen Sie nach, ob ein Sozialplan besteht.

Für langjährige, ältere Mitarbeitende gilt eine erhöhte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Eventuell kann die Kündigung als missbräuchlich angefochten werden.

Frage #2: Falls ich entlassen werde – was gilt es betreffend Arbeitslosenversicherung zu beachten?

  • Beginnen Sie gleich mit der Stellensuche und melden Sie sich circa einen Monat vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim zuständigen RAV.
  • Zu Beginn der Arbeitslosigkeit werden Sie zehn Wartetage haben. Die Anzahl ist abhängig von der familiären Situation und dem Einkommen.
    8-tung: Wartetage sind nicht zu verwechseln mit Einstelltagen, welche als Sanktion (z.B. bei einer selbst verschuldeten Arbeitslosigkeit oder bei ungenügenden Stellenbemühungen) zusätzlich auferlegt werden.
  • Da Sie Ihre Stelle aus wirtschaftlichen Gründen verlieren, haben Sie sogar bei einer vorzeitigen Pensionierung Anspruch auf Arbeitslosentaggelder. Das Renteneinkommen wird jedoch von der Arbeitslosenentschädigung abgezogen.

Frage #3: Ich verdiene inkl. 13. Monatslohn CHF 84’500.– im Jahr und habe keine Kinder. Wie hoch wäre die Arbeitslosenentschädigung?

Sie werden 70% Ihres Lohnes erhalten, also pro Monat rund CHF 4’930.–. Ab dem 55. Altersjahr beträgt die maximale Bezugsdauer zwei Jahre (520 Taggelder).

Wichtig: Melden Sie sich möglichst direkt auf den Zeitpunkt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Arbeitslosenkasse an. Bei einer Auszeit von mehr als zwei Monaten würden Sie den Anspruch auf die verlängerte Anspruchsberechtigung verlieren. Die maximale Bezugsdauer würde auf 1 1/2 Jahre (400 Taggelder) sinken.

Frage #4: Von früheren Kündigungen im Betrieb weiss ich, dass älteren Mitarbeitenden die vorzeitige Pensionierung angeboten wurde. Ich will aber weiter arbeiten.

Vorzeitige Pensionierungen führen zu Rentenkürzungen. Manchmal ist der Arbeitgeber bereit, diese teilweise auszugleichen, z.B. durch Einzahlung eines bestimmten Betrages in die Pensionskasse oder durch die Finanzierung einer Überbrückungsrente. Sie haben jedoch immer das Recht, sich gegen eine vorzeitige Pensionierung zu entscheiden. Prüfen Sie insbesondere die folgenden Alternativen:

  • Pensionskasse weiterführen
    Seit 1.1.2021 können Arbeitnehmende ab Alter 58 ihre Pensionskasse weiterführen, wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aufgelöst wurde. Sie haben damit die Möglichkeit, zunächst eine neue Stelle zu suchen und – sollte das nicht klappen – sich auf einen späteren Zeitpunkt vorzeitig oder ordentlich pensionieren zu lassen.
  • Kapital statt Rente
    Sie können die Austrittsleistung Ihrer Pensionskasse auf ein Freizügigkeitskonto oder eine Freizügigkeitspolice Ihrer Wahl überweisen lassen. Die Altersleistung kann in diesem Fall später nur als Kapital, nicht als Rente bezogen werden.

Und weil Sie nicht Hans Müller sind…

Ihre ganz persönlichen Fragen zu Thema Kündigung sowie Kündigung kurz vor der Pensionierung beantworten unsere Jurist:innen gerne individuell.

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