Die Last der Arbeit auf mehreren Schultern verteilen, das klingt nach einer vernünftigen Lösung, um Stress zu reduzieren. Jana Jutzi leitete drei Jahre lang die Personalberatung Careerplus im Jobsharing mit Jacqueline Scheuner. Wie es lief — und warum sie das Modell heute nicht mehr leben.

Der Entscheid, die Aufgaben einer Geschäftsführerin auf zwei Personen zu verteilen, war kein leichtfälliger und wurde von Jana Jutzi und Jacqueline Scheurer nicht über Nacht gefällt: Bis ihr Jobsharing-Modell schliesslich stand, diskutierten die beiden Frauen schon über einen längeren Zeitraum, sprachen über Jutzis zukünftige Entwicklung im Unternehmen und die Möglichkeit einer späteren Nachfolge als Geschäftsführerin. Jana Jutzi hatte sehr wohl Interesse an dieser Karrieremöglichkeit, doch konnte sie sich in ihrer damaligen Lebenssituation mit einem Kleinkind und noch nicht abgeschlossener Familienplanung diesen Schritt dann doch nicht vorstellen. «Erst nach eingehenden Diskussionen zu Aufgaben, Zeitpunkt und der nötigen Flexibilität in der Funktion sind wir auf die Idee gekommen, dass eine Aufteilung des Jobs für uns beide eine Win-win-Lösung sein könnte», erklärt Jutzi.

Teilen erhöht die Kapazitäten

Und so starteten die bei den Frauen 2016 ihr Jobsharing als Geschäftsführerinnen ‒ und dies im Wissen, dass Jana Jutzi anfangs 2017 aufgrund des zweiten Mutterschaftsurlaubs nochmals pausie-
ren würde. Drei Jahre lang teilten sich Jutzi und Scheuner mit zwei 80-Prozent-Pensen die Aufgaben: «Jacqueline übernahm die strategischen Aufgaben und ich kümmerte mich um die operative Führung des Geschäfts. Wichtige Entscheide haben wir immer zusammen gefällt. Wir haben uns gegenseitig stellvertreten können, was ich als äusserst hilfreich empfunden habe.» Die beiden 80-Prozent-Pensen ermöglichten den zwei Frauen eine gute Abstimmung untereinander ‒ und sorgten für freie Kapazitäten: Dadurch hatten wir die Möglichkeit, gewisse Projekte intern zu verteilen, statt diese extern zu geben, was die höheren Kosten für das Modell rechtfertigte und die Resultate aufgrund des firmeninternen Know-hows optimierte.»

Teilen braucht Zeit

Damit das Teilen der Arbeit funktionierte und keine Informationen oder Aufgaben unter den Tisch fielen, war ein regelmässiger Austausch zwingend notwendig. Das sei manchmal eine Herausforderung gewesen: «Es ist äusserst wichtig, sich Zeit für persönliche Treffen zu nehmen, um sich auf den neusten Stand zu bringen, wichtige Entscheide zusammen zu fällen und sich generell auszutauschen. In der Hektik des Alltags kann es rasch passieren, dass sich die Abstände verlängern ‒ und dann muss man Gegensteuer geben», so Jutzi. Da sie räumlich getrennt in Zürich und Bern arbeiteten, standen die zwei Frauen mehrmals wöchentlich telefonisch in Kontakt. Mindestens einmal im Monat trafen sie sich persönlich. Die Aufgabengebiete waren klar verteilt. Trotzdem sei es von zentraler Bedeutung, dass man als Jobsharing-Partnerinnen denselben Mindset habe und sich gegenseitig so vertraue, dass auch die Entscheide der anderen Person mitgetragen werden könnten. «Anders gesagt, das eigene Ego darf nicht zu gross sein, und man muss sich auch mal zurücknehmen können.»

Teilen bringt Entlastung

Im Gegenzug sorgt das Jobsharing-Modell für Entlastung im Arbeitsalltag. Nicht nur, dass nach den Ferien praktischerweise die Inbox nicht überquillt und die wichtigsten Aufgaben erledigt sind, «auch konnte ich nach dem ersten Kindergartentag meiner Tochter das gemeinsame Glace richtig geniessen, weil ich wusste, dass gleichzeitig jemand für die Mitarbeitenden da ist.
Kurz: Man macht sich einfach weniger Gedanken, wenn man mal abwesend ist.» Im sonst oft einsamen Führungsalltag eine Partnerin oder einen Partner zu haben, mit dem man sich austauschen und schwierige Entscheidungen gemeinsam tragen kann, ist nicht nur zeitlich, sondern auch mental sehr entlastend.

Teilen braucht Vertrauen

Als Jana Jutzi und Jaqueline Scheuner das Projekt Topsharing starteten, kannten sich die beiden bereits zehn Jahre. «Ein fundiertes Vertrauens verhältnis, geprägt durch langjährige Zusammenarbeit, scheint mir fast zwingend für ein funktionierendes Jobsharing», meint Jutzi. «Es braucht nicht zwingend eine Freundschaft, aber sicherlich ein freundschaftliches Verhältnis und gegenseitige Sympathie.» Noch seien Jobsharing, Topsharing oder andere flexible Arbeitsmodelle nicht so verbreitet, wie sie sich es wünschen würde ‒ manchmal fehle offenbar schlichtweg die Idee, dass ein derartiges Arbeitsmodell ein Rekrutierungsproblem lösen könnte, mein Jutzi. «Oder aber die Sorge über mögliche Schwierigkeiten oder ansteigende Kosten halten davon ab, eine solche Lösung überhaupt in Betracht zu ziehen. Ich rate, einfach mutig zu sein, auszuprobieren und dann Schritt für Schritt anzupassen, bis das passende Modell gefunden ist.»

Teilen hilft beim Spagat

Seit Anfang Jahr arbeitet Jana Jutzi nicht mehr im Jobsharing. Aufgrund einiger Umstruk turierungen innerhalb der Firmengruppe übernahm Jacqueline Scheuner die Funktion als Group CEO, während Jana Jutzi seither allein für die Geschäftsführung von Careerplus zuständig ist. «Ich arbeite aber immer noch 80 Prozent und habe am Mittwoch meinen Mamitag, der mir unheimlich wichtig ist», betont sie. Es sei ein Glück, dass Teilzeitmodelle ‒ insbesondere für Eltern ‒ bei Careerplus gefördert werden und auch in Managementfunktionen absolut erwünscht seien. Nun hofft sie, dass sich in Zukunft eine neue Möglichkeit für ein Jobsharing ergibt: «Ich empfand die Zeit als sehr positiv und bin äusserst motiviert, diese Funktion wieder mit einer Kollegin oder einem Kollegen zu teilen.» Denn dadurch lässt sich tatsächlich auf gesunde Art Karriere machen: «Die Möglichkeit, die Arbeit zu Spitzenzeiten auf zwei Schultern zu verteilen und auch den emotionalen Druck in schwierigen Entscheidungsprozessen zu teilen, ist eine grosse Entlastung. Und als Mama ist so der Spagat zwischen Beruf und Familie einfach besser machbar.»


Drei Tipps, damit Jobsharing funktioniert

  1. Karten auf den Tisch
    Ein transparenter Austausch, Probleme diskutieren, kritische oder störende Punkte in der Zusammenarbeit sofort ansprechen, das sind absolute Voraussetzungen.
  2. Ego einpacken
    Man muss bereit sein, sich zurückzunehmen und Verantwortung auch wirklich zu teilen. Das heisst: Vertrauen schenken und Entscheide des anderen mittragen.
  3. Kritischer Blick
    Sich regelmässig Zeit nehmen und kritisch hinterfragen, was gut läuft und was es anzupassen gilt. Dies sichert, dass alle – Arbeitgebende und Arbeitnehmende – profitieren.