Eventlocation, Bürogebäude, Geschäftsstelle des Kaufmännischen Verbands Zürich – das Kaufleuten hat viele Gesichter. Doch momentan ist es vor allem eines: leer. Vom sonst so geschäftigen Treiben keine Spur. Wo normalerweise Leute ihrer Arbeit nachgehen, man sich auf einen Business-Lunch oder eine Runde «After-Work-Cüpli» trifft und abends die Bässe wummern, herrscht zurzeit eine fast gespenstische Ruhe. Wie es ist, durch die verlassenen Gänge des altehrwürdigen Gebäudes am Pelikanplatz zu gehen, erzählen unsere beiden Haustechniker Giovanni Di Caprio und Rolf Seidel. Anders als beim Rest des Teams, spielt sich ihr Alltag noch immer im Kaufleuten ab.

20’000 Schritte oder 13 Kilometer – das ist die Strecke, die Giovanni Di Caprio während eines ganz gewöhnlichen Arbeitstages innerhalb der Kaufleutenmauern zurücklegt. Er ist es sich gewohnt, dass immer jemand den Hausdienst sucht, nach ihm ruft – eben, dass es immer irgendwo brennt.

Ausnahmezustand im Kaufleuten

«Das macht die aktuelle Situation umso surrealer. Speziell ruhig, speziell leer, speziell planbar», meint er. Wo sonst ein ständiges Kommen und Gehen herrscht, bleiben die Türen für einmal fest verschlossen. «Anders als im normalen Alltag, ist am nächsten Morgen, wenn du zur Arbeit kommst noch alles so, wie es am Abend zuvor gewesen ist». Ein ganz ungewohntes Bild für den Hausdienst. Denn in den Gastronomie- und Kulturbetrieben des Kaufleutens fängt der Tag erst nach «Dienstschluss» der Techniker so richtig an. «Da kann es schon mal vorkommen, dass sich der/die eine oder andere Partyfreudige im Treppenhaus übergibt oder die durchzechte Partynacht ihre Spuren anderweitig hinterlässt», lacht Giovanni. Nicht so jetzt: Spätestens um 18.00 Uhr ist das Haus wie ausgestorben.

Zeit für ein Facelifting

«Es ist zwar nicht wie immer, aber wir sind trotzdem immer beschäftigt», meint Giovanni, der mittlerweile bereits über 7 Jahre dafür sorgt, dass im Kaufleuten alles reibungslos funktioniert. Die Technik ist auf ein Minimum heruntergefahren und der Hausdienst nutzt die Zeit für Kontrollgänge, Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten. Was nicht selbst gemacht werden kann, ist allerdings zurzeit eine etwas grössere organisatorische Herausforderung als in «Vor-Corona-Zeiten»: «Um die Vorgaben des Bundes betreffend Abstand etc. einzuhalten, müssen wir gut planen und den einzelnen Handwerkern Zeitslots nacheinander zuteilen, damit nicht alle auf einmal im Haus sind. Und auch die Materialbeschaffung gestaltet sich etwas komplizierter». Dennoch meint er, sei die aktuelle Situation eigentlich perfekt für solche Arbeiten: Das Material kann vor Ort gelagert werden und über Baulärm beklagt sich dieser Tage ebenfalls niemand.

So etwas wie Alltag

Und wie geht es den beiden in einem fast leeren Haus? «Soweit so gut», meint Giovanni. Er geniesse die ungewohnte Ruhe, dass nicht wie im üblichen Tagesgeschäft immer wieder etwas dazwischen kommt, alles etwas planbarer sei. Es sei eine gute Zeit um auch selbst etwas runterzufahren – in Schritten gesprochen heisst das für Giovanni: Nur noch 12’000 Schritte pro Tag.

Das Team fehlt den beiden Haustechnikern allerdings schon. Denn auch sie sehen sich nur noch zwischen Tür und Angel aus der nötigen Distanz. «An unserem Tagesablauf hat sich abgesehen vom fehlenden Trubel aber nicht so viel geändert, wie dies vielleicht beim Rest des Teams der Fall ist», sagt auch Rolf Seidel, der Anfang Jahr zum Hausdienst-Team gestossen ist. «Man geht morgens mehr oder weniger wie gewohnt aus dem Haus an seinen Arbeitsort». Giovanni Di Caprio ergänzt: «Die Stadt ist einiges leerer geworden und der Verkehr hat stark abgenommen, doch der Ortswechsel und die arbeitsbedingten sozialen Kontakte sind uns mehr oder weniger geblieben». Wie es wäre, so ganz ohne Arbeitsweg für eine gewisse Zeit mal nur von zuhause aus zu arbeiten, dass würde Giovanni allerdings schon gerne mal ausprobieren.

Back to normal

Aufgrund des Lockerungsfahrplans des Bundesrates bereitet man sich aber auch im Kaufleuten bereits wieder auf den Normalbetrieb vor. Die zurzeit auf ein Minimum heruntergefahrene technische Infrastruktur muss schrittweise wieder hochgefahren und coronabedingte, bauliche Anpassungen müssen sorgfältig geplant und installiert werden. Und schlussendlich gilt es abzuklären, welche der Mieter ihren Betrieb vor Ort wann und in welchem Umfang wieder aufnehmen, damit bis dahin alles steht und die Sicherheitsmassnahmen eingehalten werden können.

Das Kaufleuten ist also auf einem guten Weg, bald wieder aus dem coronabedingten Dornröschenschlaf zu erwachen. In den nächsten Wochen wird – zwar nur Schritt für Schritt – das Leben in die Mauern des historischen Gebäudes zurückkehren oder wie Giovanni Di Caprio sagt: «Mit den Menschen kehrt auch meine tägliche Portion Action zurück». 😉 Und so wird sein Schrittzähler wohl in absehbarer Zeit auch wieder die 20’000er-Marke knacken.