Die vergangenen Wochen und Monate waren die Lernenden in Bezug auf Ihre Ausbildung von Ängsten und Unsicherheiten geprägt. Nicht wenige E-Mails und Telefonanrufe von verzweifelten Lernenden, die dieses Jahr ihre Ausbildung abschliessen, haben uns erreicht. Fragen wie «Was ist mein EFZ ohne Abschlussprüfung wert? » oder «Ist mein EFZ ein geschenktes EFZ?» Wir sind diesen Fragen nachgegangen und haben bei verschiedenen Arbeitgebern im Kanton Zürich nachgefragt. Lesen Sie in diesem Blog nach, wie andere Arbeitgeber diese Situation einschätzen.
Die Entscheidung vom Bundesrat, die schulischen wie auch die betrieblichen Abschlussprüfungen aufgrund der COVID-19 Situation abzusagen, schlug ein wie eine Bombe. Die Lernenden sollen trotz Coronavirus wie in den Vorjahren ihren Lehrabschluss mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis bzw. einem eidgenössischen Berufsattest realisieren können. Das Qualifikationsverfahren sieht dieses Jahr aufgrund der aktuellen Situation jedoch anders aus.
Erfahrungsnoten statt Abschlussprüfung
Für das Qualifikationsverfahren (QV) 2020 von angehenden Kaufleuten EFZ finden weder schulische, noch betriebliche oder praktische Lehrabschlussprüfungen statt. Stattdessen zählen die Erfahrungsnoten aus den Semesterzeugnisnoten, die bis zum Ende des ersten Semesters 2019/2020 erzielt wurden. Dieser Entscheid gilt für alle 21 Ausbildungs- und Prüfungsbranchen im kaufmännischen Bereich. Wie denken Arbeitgeber über diese Entscheidung? «Die Lernenden zeigten eine grosse Flexibilität in dieser ausserordentlichen Situation. Zudem stellten sie in den vergangenen drei Jahren ihre schulischen, betrieblichen und überbetrieblichen Leistungen unter Beweis. Meiner Meinung nach entspricht die errechnete Abschlussnote einer fairen und nachvollziehbaren Bemessungsgrundlage» beantwortet Daniel Hunziker, Berufsbildungsverantwortlicher der Maagtechnic AG diese Frage. Gibt es andere Meinungen? Patricia Summer Rossi, seit 21 Jahren Ausbildungsverantwortliche, sieht das wie folgt: «Das QV ist ein wichtiger Schritt im Leben eines/einer Lernenden – quasi – das Resümee der Lehrzeit. Für mich persönlich sind aber die Lehrjahre wichtiger als die Momentaufnahme QV. Es werden die Leistungen und der Einsatz der vergangenen drei Jahre berücksichtig und betrachtet» Miriam Ciriacidis, Fachverantwortliche für den Lehrberuf Kaufleute bei Swiss Re, sieht dies genauso: “Das QV beginnt meiner Ansicht nach bereits mit dem ersten Tag der kaufmännischen Lehre und wird mit den Abschlussprüfungen beendet. Die Lernenden bauen ihr Wissen über die drei Lehrjahre kontinuierlich auf und qualifizieren sich für diesen Beruf, weswegen das EFZ auch ohne Abschlussprüfungen absolut gerechtfertigt ist.»
Chancen auf dem Arbeitsmarkt
Haben Lehrabgänger in diesem Jahr geringere Chancen auf eine Arbeitsstelle nach der Lehre, aufgrund der ausgefallenen Abschlussprüfungen? Patricia Summer Rossi hofft nicht, dass dies so ist: «Die Lernenden haben die Lehrzeit absolviert und hoffentlich auch ohne die ausgefallenen Abschlussprüfungen viel mitgenommen – sei es schulisch oder in der persönlichen Entwicklung. Das QV kann und darf nicht ausschlaggebend sein» Daniel Hunziker nimmt dazu auch ganz klar Stellung: «Das EFZ gilt ohne Wenn und Aber, denn die Bestehensnormen haben sich nicht geändert. Es ist kein «geschenkter Abschluss», daher sollen HR-Verantwortliche die Leistungen der Lehrabgänger/innen 2020 genauso behandeln wie Vorjahres-Lehrabgänger/innen. Ich denke aber auch, dass die meisten HR-Verantwortlichen die Situation korrekt einschätzen und daher die allgemeinen Chancen nicht besser oder schlechter sind als in den vergangenen Jahren.» Miriam Ciriacidis fände eine Benachteiligung dieser Generation Kaufleute sehr fragwürdig: “Dies ist ein von allen Bildungspartnern gefällter Entscheid in einer Ausnahmesituation. Die diesjährigen Lehrabgänger/innen sollten auf keinen Fall deswegen diskriminiert werden»
Die wahre Herausforderung
Das dieses Jahr keine Abschlussprüfungen stattgefunden haben, sieht Daniel Hunziker nicht als die grösste Herausforderung für die Lernenden: «Sorgen bereitet mir höchstens, dass aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Lage viele Unternehmen keine Lehrabgänger/innen anstellen bzw. weiterbeschäftigen können. Hier braucht es politischen Druck, dass Lehrabgänger/innen wie in den vergangenen Jahren weiterbeschäftigt werden, wenn auch «nur» befristet.»
Wir sind für Sie da
Die aktuelle Situation erfordert sehr viel Flexibilität, von Lehrbetrieben wie auch von den Lernenden und angehenden Lehrabgängern. Unsere Laufbahn & Karriereberatung hilft Ihnen gerne weiter. Vereinbaren Sie noch heute einen Termin.
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